top of page
AutorenbildGeorg Fröschl

"Zuvielisation"

Ich bin in den 70er Jahren in einem Dorf aufgewachsen – ganz nahe am Eisernen Vorhang. Abwechslung gab es nicht allzu viel. Das Jahr wurde von einigen Festen geprägt:  Winzerfest, Kirtag, zwei große Wallfahrtsfeste am Beginn und Ende der Schulferien. Zu Weihnachten, Ostern und Allerheiligen trafen wir mit den Familien der Verwandten zusammen. Neue Kleider bekamen wir höchstens zum Schulbeginn, manchmal auch einen Pulli zu Weihnachten. Die Mahlzeiten waren meist einfach, Wurstsemmeln durften wir uns vielleicht dreimal im Jahr kaufen. Als wir einen Schwarz-Weiß-Fernseher bekamen, war ich schon 16 Jahre. Handy gab es natürlich nicht, und das Telefon war anfangs nur ein Vierteltelefon, dessen Leitung wir uns mit anderen teilten.


Wenn ich auf diese Zeit zurückblicke, dann sehe ich, wie wichtig sie war. Auch wenn manchmal Langeweile aufkam, hatte ich die Freiheit, mich ganz in etwas zu vertiefen. Es gab nicht so viele Ablenkungen wie heute.

 

Heute spüre ich, dass sich unsere Welt verändert hat. Das Wachstum hat die Zivilisation in eine „Zuvielisation“ verwandelt. Wir müssen uns eigene Ziele und Grenzen setzen. Es ist wichtig, bewusst Pausen einzulegen und auch einmal auf etwas zu verzichten.

 

Vielleicht kann uns das helfen, den Sinn unserer Traditionen neu zu entdecken. Feste Rituale im Wochenrhythmus, Zeiten des Verzichts und Hinweise zur Mäßigung – all das kann uns wieder näher zu unseren Mitmenschen bringen. In der Einfachheit liegt oft die größte Schönheit.

0 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Kurven

Comments


bottom of page